Wirtschaft

Fachkräftemangel in der IT: Österreich holt die Brasilianer

Österreichs IT-Branche soll Zuwachs aus Brasilien bekommen. Mit einem Hackathon versucht die Wirtschaftskammer dort Arbeitskräfte für österreichische Tech-Unternehmen zu rekrutieren. profil sprach mit zwei von ihnen.

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Österreich braucht dringend Arbeitskräfte. Denn über rund 200.000 unbesetzte Stellen soll es hierzulande geben, mittlerweile sind fast alle Branchen von dem Fachkräftemangel betroffen  auch die IT. Die effektivste Lösung für dieses Problem soll die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte sein. Die WKO setzt Maßnahmen und sucht nach Facharbeitern in Brasilien. 

Hackathon als Maßnahme gegen Arbeitskräftemangel

Mit einem virtuellen Hackathon, also einem organisierten Wettbewerb mit dem Schwerpunkt IT, möchte die Wirtschaftskammer in Kooperation mit der Austrian Business Agency (ABA) und dem Arbeits- und Wirtschaftsministerium Mitarbeiter aus Brasilien anwerben. 

Die Veranstaltung fand Anfang September statt und hatte das Ziel, junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte mit österreichischen Unternehmen zu verbinden. Die Veranstalter sind mit dem Outcome mehr als zufrieden -  rund 320 Bewerber meldeten sich bei dem Hackathon an: „Wir waren von der hohen Zahl an Anmeldungen – positiv  überrascht, mussten die Anzahl der Teilnehmer aber aus Kapazitätsgründen reduzieren. Da die offizielle Hackathonsprache Englisch war, haben wir uns dazu entschieden fortgeschrittene Englischkenntnisse als Teilnahmekriterium zu verwenden.“, erklärt Stefan Nemetz, Assistent des Wirtschaftsdelegierten und Organisator des Hackathons in Sao Paulo (Brasilien) im Gespräch mit profil. 

Zu dem Event sind schließlich über hundert Bewerber erschienen. Gewonnen hat ein fünfköpfiges Team mit den meisten Jurypunkten. Der Preis ist eine Österreich-Reise, die derzeit stattfindet, bei der die Brasilianer die Möglichkeit haben, österreichische Tech-Unternehmen in Wien, der Steiermark und Kärnten zu besuchen. 

Jung, gebildet und auf der Suche nach Arbeit

Einer von ihnen ist Lucas Amorim Lopes, der 22-Jährige kommt aus der brasilianischen Stadt Salvador und gehört als Front-End Developer und UX-Designer zu den Auserwählten, die eine Reise nach Österreich gewonnen haben. Ich wurde über einen Freund auf den Hackathon aufmerksam und habe mich beworben, erzählt er profil. Allgemein soll es laut Amorim Lopes immer mehr junge, gebildete Brasilianer ins Ausland ziehen. 

Der Grund dafür ist einerseits die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Brasilien, die 2022 bei 21,4 Prozent lag  in Österreich beträgt die Quote 9,5 Prozent. „Außerdem hat Brasilien ein großes Potenzial zu bieten. Das Bildungsniveau hierzulande ist hoch und international vergleichbar, berichtet Stefan Nemetz, der Veranstalter des Events. 

Aus Amorim Lopes’ Freundes- und Bekanntenkreis gehen immer mehr junge Menschen ins Ausland  Österreich würden die meisten jedoch nicht einmal kennen. Die meisten möchten nach Kanada, in die USA, Australien oder Großbritannien. Ich hätte hier jedoch die besseren Zukunftsaussichten, so der 22-Jährige. 

Welme Rodrigues de Souza ist 26 Jahre alt und kommt aus Petrolina, einer Stadt im Osten des Landes. Seinen beruflichen und akademischen Background hat er in innovativer Betriebswirtschaftslehre. Auch er hat bei dem Hackathon mitgemacht und gewonnen. Davon erfuhr er über ein Instagram-Posting. Ich habe in der Vergangenheit schon öfter bei Hackathons mitgemacht und habe diesen als gute Möglichkeit gesehen, nach Österreich reisen zu können, berichtet er profil. Der 26-Jährige schmiedet bereits Pläne, hier herzuziehen: Ich liebe mein Land, dort habe ich jedoch nicht dieselben Möglichkeiten wie hier, so Rodrigues de Souza. Er hofft außerdem, seinen Ehemann überreden zu können, mit ihm nach Österreich zu ziehen.

Der Besuch in Österreich ist für Rodrigues de Souza eine gute Möglichkeit, die Branche kennenzulernen und sich Connections aufzubauen. Die Wirtschaftsdelegierten in Brasilien haben neben dem Hackathon außerdem eine Internet-Datenbank erstellt  dort können potenzielle Arbeitnehmer Profile anlegen und sich mit österreichischen Unternehmen in Verbindung setzen. 

Keine Garantie für fixen Aufenthalt in Österreich

Eine Garantie für eine Aufenthaltsberechtigung für die Brasilianer ist es jedoch nicht. Die Bewerber müssen, um das österreichische Visum zu bekommen, trotzdem den gewöhnlichen rechtlichen Prozess durchgehen. Wir helfen Ihnen jedoch dabei, einen Job zu finden und ihnen den Prozess erklären, so Julia Moreno-Hasenöhrl, stellvertretende Abteilungsleiterin für Sozial- und Gesundheitspolitik der WKO.

Das ist eine Win-Win Situation. Es gibt auf der einen Seite den Bedarf in Österreich und auf der anderen Seite offensichtlich die Bereitschaft von brasilianischen jungen Talenten, auch ins Ausland zu gehen.

Stefan Nemetz

Lösen Arbeitskräfte aus dem Ausland jedoch nachhaltig den Fachkräftemangel in Österreich? Laut Nemetz schon: Das ist eine Win-Win Situation. Es gibt auf der einen Seite den Bedarf in Österreich und auf der anderen Seite offensichtlich die Bereitschaft von brasilianischen jungen Talenten, auch ins Ausland zu gehen, berichtet er im profil-Gespräch. 

Genaue Zahlen dazu, wie viele Brasilianer in der österreichischen IT-Branche arbeiten, gibt es bisher noch keine. Das Hackathon im September war bisher ein Pilotprojekt  wird laut Nemetz jedoch definitiv nicht die letzte derartige Veranstaltung sein. Im November sollen die IT-Job days stattfinden, die Brasilianer aus der Branche den österreichischen Arbeitsmarkt nochmal schmackhafter machen sollen. 

Natalia Anders

Natalia Anders

ist Teil des Online-Ressorts und für Social Media zuständig.